Behandlungspflicht

Allgemein | Behandlung

Die Behandlungspflicht beschreibt die rechtliche und ethische Verpflichtung eines Arztes, einem Patienten in medizinisch vertretbarem Umfang eine angemessene Versorgung zukommen zu lassen. Sie ist ein zentraler Bestandteil der ärztlichen Berufsausübung und ergibt sich aus dem Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient sowie aus berufsrechtlichen und haftungsrechtlichen Vorschriften. Ein Behandlungsvertrag oder ein Behandlungsverhältnis zwischen Arzt und Patient besteht, sobald der Patient sich an den Arzt wendet und dieser die Behandlung übernimmt. Darüber hinaus gilt die Behandlungspflicht auch in Notfällen, selbst wenn kein vorheriger Vertrag besteht. Hier ist der Arzt verpflichtet, sofort und uneingeschränkt zu helfen, um Leben zu retten oder schwere Gesundheitsschäden abzuwenden.

Wann besteht die Behandlungspflicht?

Wichtige Aspekte der Behandlungspflicht sind:

  • Behandlungsbeginn: Der Arzt ist verpflichtet, eine vereinbarte Behandlung zu beginnen, sofern keine zwingenden Gründe (z. B. fehlende Qualifikation oder fehlende Ausstattung) dagegen sprechen.
  • Sorgfaltspflicht: Während der Behandlung muss der Arzt den anerkannten fachlichen Standards folgen, eine sorgfältige Diagnostik durchführen und eine angemessene Therapie anbieten.
  • Weisungsfreiheit und Aufklärung: Der Arzt hat die Pflicht, den Patienten umfassend über Diagnose, Therapiealternativen, Risiken und Prognose aufzuklären, um eine informierte Einwilligung zu ermöglichen.
  • Abbruch der Behandlung: Ein Abbruch der Behandlung durch den Arzt ist nur zulässig, wenn gewichtige Gründe vorliegen (z. B. Vertrauensverlust, fehlende Kooperation des Patienten). Vor Abbruch ist der Patient rechtzeitig zu informieren und gegebenenfalls eine Überweisung oder Weitervermittlung zu organisieren.
  • Notfallversorgung: In Notfällen besteht eine uneingeschränkte Behandlungspflicht, auch ohne vorherigen Behandlungsvertrag.

Wann gilt die Behandlungspflicht nicht?

Die Behandlungspflicht gilt nicht, wenn gewichtige Gründe vorliegen, die eine Behandlung unzumutbar oder unmöglich machen. Typische Situationen, in denen die Behandlungspflicht entfällt, sind:

  • Fehlende Qualifikation oder Ausstattung: Wenn der Arzt nicht über das notwendige Fachwissen oder die geeigneten Mittel verfügt, um eine sichere und fachgerechte Behandlung durchzuführen.
  • Vertrauensverlust: Wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient so stark gestört ist, dass eine sinnvolle Behandlung nicht mehr möglich ist.
  • Patientenverweigerung: Wenn der Patient sich weigert, bei der Behandlung mitzuwirken oder notwendige Informationen zu geben, sodass eine Behandlung nicht verantwortbar ist.
  • Ethische oder persönliche Gewissensgründe: Wenn der Arzt aus moralischen Gründen bestimmte Behandlungen ablehnt, muss er dennoch für eine Weitervermittlung sorgen.
  • Keine Notfallsituation: In akuten Notfällen besteht immer eine Behandlungspflicht, diese kann also nicht entfallen.
  • Überlastung und Unzumutbarkeit: Wenn ein Arzt aufgrund von Überlastung oder fehlenden Kapazitäten eine Behandlung nicht leisten kann, insbesondere bei privatärztlichen Leistungen oder Wahlleistungen. In der Regel muss aber zumindest eine Erstversorgung oder Weitervermittlung erfolgen.
  • Gefahr für den Arzt: Wenn die Behandlung eine unmittelbare, erhebliche Gefahr für die eigene Gesundheit oder Sicherheit des Arztes darstellt (z. B. bei Infektionsrisiken ohne ausreichenden Schutz), kann eine Behandlungspflicht eingeschränkt sein.
  • Unwirtschaftlichkeit: Wenn eine Behandlung medizinisch nicht indiziert oder unverhältnismäßig ist, kann der Arzt die Behandlung ablehnen, da keine Pflicht besteht, unnötige Maßnahmen durchzuführen.
  • Rechtliche Beschränkungen: Etwa, wenn gesetzliche Vorgaben oder gerichtliche Anordnungen eine Behandlung verbieten oder einschränken.

In all diesen Fällen muss der Arzt den Patienten rechtzeitig informieren und gegebenenfalls eine Überweisung an einen anderen Behandler organisieren, um Versorgungslücken zu vermeiden. Ohne solche Gründe ist das Unterlassen einer Behandlung ein Verstoß gegen die Behandlungspflicht.

Verstöße gegen die Behandlungspflicht können haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa bei Behandlungsfehlern oder unterlassener Hilfeleistung. Für Ärzt:innen ist es daher unerlässlich, die Behandlungspflicht stets gewissenhaft zu erfüllen und dokumentiert nachzuweisen.